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Das Weltbild der griechischen Mythen

 

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Kurzkommentar zur Farbtafel: Das Weltbild der griechischen Mythen

Das Schaubild vom Universum der griechischen Mythen bringt eine überzeugende Ordnung in die Vielfalt der Erscheinungen. Pythagoräer und Stoiker bezeichneten eine solche Vorstellung als Diakosmos (dea kosmos), das heißt »Universum der Göttin« und meint die »richtige Ordnung«, die bei der Erschaffung der Welt aus dem urspünglichen Chaos hervorging. In der Mitte sehen wir eine Figur aus dem pythagoräischen Weltbild, die Erdscheibe schräg von der Seite, ähnlich wie im Weltbild der Edda. Das Wasser ist bei Griechen und Römern natürlich das Mittelmeer mit seinen Randmeeren, das »Mare Mediterraneum«, weil es das »Meer in der Mitte der Welt« ist, oder das Mare Nostrum, »Unser Meer« oder »Unsere Mutter«.

Wasser ist das Element der Erde. Es wird von der Erde gleichsam zusammengehalten wie von zwei Armen. Einen Kontinent stellen wir uns wie einen »Container« vor, einen Behälter. Halbinseln und Landzungen ragen vom Festland ins Wasser und werden gelegentlich als Inseln (13) ganz abgetrennt. Über dem Land erlebte man den Himmel bei Tage als Kuppel mit Sonne und Wolken, bei Nacht als Sternenzelt mit Mond und Sternen (die sich - als Fixsterne - zu Sternbildern gruppieren). Die Halbkugel über der Erde kann man sich leicht als Teil einer ganzen Kugel (eines Globus, einer Sphäre) vorstellen, auf der die Sonne (7) ihre Bahn zieht, bei Tag oben und bei Nacht unten. An der Straße von Gibraltar (bei 10) konnte man das Ende der Welt erleben, und sicher kannte man das Wasser des Atlantiks westlich von Europa bis zur Nord- und Ostsee, dann wieder das Schwarze Meer, das man Pontos nannte, und das heilige Rote Meer der Leute von Äthiopien, das man »Abessinien« nannte (5). Die Phantasie verband diese Wasser zu einem Ring um die Erde, und so stellte man sich die Erdscheibe als vom Okeanos umgeben vor. Soweit man ihn als Person dachte, war er einer der zwölf Titanen. Sein Name bedeutete »der zu der schnellen Königin gehört«. Er war eine Wasserschlangengottheit mit dem Schwanz im Maul, umgürtete die Erde und bildete so eine Wasserbarriere. Oft wurde er mit Ouroboros (»Schwanzfresser«), Neptun, Poseidon oder Python verwechselt.

Unsere Zeichnung hat eine ungewohnte Blickrichtung, insofern der Süden oben ist, wie die Griechen auf die Mittagssonne (7) schauen, und unten ist Norden mit Unterwelt und Mitternacht. Dadurch ist rechts Westen, der Abend (10), mit den Säulen des Herakles und dem Palast des Okeanos, den man bei Gibraltar erleben konnte. Hier dachte man sich auch den Eingang zur Nacht (2 & 12), also genau da, wo auch bei den Germanen der Abgang zur Hel war. Im Osten (Morgen) gab es den Hellespont (die Dardanellen) und den Bosporus (5) als Durchgang zum Pontos (Schwarzen Meer). Metaphorisch kann man die Zeichnung der Erdscheibe auch als Auge des Himmels ansehen (das Udjat-Auge der Ägypter), mit Okeanos als Braue und dem Festland als Lider. Diese heißen dann »Himmelspforten der Eos (Aurora)« (5) und müßten als solche in den Farben des Morgenrots vorgestellt werden. Dieses Morgenauge macht allerdings die ganze Erdscheibe zum Osten, wodurch wir einen neuen Westen (oben oder unten) suchen müßten (wie in der ägyptischen Mythologie). Die ganze Erdenwelt in der Mitte ist ein gutes Abbild von Arkadien, dem »Bogenland«, oder von einer Arena wie in Olympia, dem heiligen Tempelbezirk in Elis mit der berühmten Feststätte, auf der (776 v.Chr. - 394 n.Chr.) die olympischen Spiele abgehalten wurden. Personifiziert galt diese Mutter Erde als Gaia (Gea) oder als ihre Tochter, die Titanin Rheia (Rhea). "Gaia und Rhea wurden tatsächlich nur in der Hesiodischen Genealogie der Götter so streng voneinander unterschieden, daß die eine zur Mutter der anderen wurde."

In schöner Symmetrie entfalten sich nun nach oben und unten Räume, die in ihrer Gesamtheit das »doppelte Weltbild« des Impurismus bilden. Unter der Erde (der Erdenwelt) liegt natürlich die Unterwelt, über der Erde die Oberwelt oder »Uranische Sphäre«, benannt nach Uranos, dem Gott des Himmels. Diesen Himmel sehen wir geteilt, und zwar in den »Wetterhimmel« und den »Götterhimmel«, eine Unterscheidung, die sich sehr schön in den englischen Wörtern 'sky' und 'heaven' spiegelt. Die Kuppel des unteren Himmels heißt auch »Firmament«, weil die Fixsterne (anscheinend) daran »festgemacht« sind. Mitten über den Himmel verläuft die Milchstraße, die Galaxias (von 'gala' = »Milch«). Sie gilt als Götterstraße am Himmel und als Seelenpfad, auf dem man am besten von der Erde in den Himmel gelangt. Der Sage nach entstand sie, als Zeus seiner schlafenden Gattin Hera den kleinen Herakles an die Brust legte, um ihn unsterblich zu machen. Hera aber erwachte und riß empört das fremde Kind von ihrer Brust. Dabei verspritzte die Göttermilch so gewaltig, daß sich ein milchiges Band über den ganzen Himmel legte.

Der Raum über der Erde ist Hemera, der Tag, gefüllt mit dem Element Luft. Das gelbe Dreieck illustriert auch schön die meisten Berge, die in der griechischen Mythologie eine Rolle spielen, hoch hinaufragend in den Wetterhimmel. Der Olymp (1) in Thessalien, den sich die Griechen als Wohnsitz der Götter vorstellten, ist so hoch, daß sein Gipfel bis in die Wolken reicht. In der normalen Vorstellung sitzen die Götter "auf" dem Olymp, doch im gängigen Sprachgebrauch sind die Götter auch "im" Olymp. Der Olymp wird als Raum gesehen, dicht unter dem "Himmelsgewölbe", das in unserer Zeichnung den oberen Himmel begrenzt. Und hier wird auch anschaulich klar, warum man "Äther", das fünfte Element, die Quintessenz, als »obere Luft« bezeichnet: Er füllt den Raum bei den zwölf »Olympischen Göttern« (6), heißt auch »ewiges Himmelslicht« und kommt letztlich von einem Gott Äther, der noch über den Olympiern zu Hause ist. Da oben, noch über Zeus, regiert Moira, das als weibliche Gestalt personifizierte Schicksal, manchmal auch als die drei Moiren (Parzen) dargestellt. Hier oben denken wir uns auch die Heimat der neun (ursprünglich drei) Musen (»Berggöttinnen«). Dieser Raum ist das Empyreum, bei den antiken Naturphilosophen der Feuerhimmel, die oberste Weltgegend, bei christlichen Philosophen der Ort des Lichts, bei Dante der Aufenthaltsort der Seligen. Diese Götterburg gilt auch als der Himmelsthron, und jetzt sieht man, wieso die Götter (6) gleichzeitig »auf dem Thron« und »auf dem Olymp« und »im Olymp« sein können. Die Position der Götter (6) heißt auch »Omphalos«, der Nabel der Welt, und ist der Himmelssüdpol, der Drehpunkt des Himmels für die »axis mundi« oder auch die Achse selbst.

Wenden wir uns nun der im ganzen symmetrisch angelegten Unterwelt zu. Sie ist die »chthonische Sphäre«, d.h. die unterirdische, und sie trägt als Raum den Namen »Hades (Orcus)«, obwohl Hades auch der Herrscher (9) der Unterwelt ist und Orkos ein Totengott mit Schweinekopf (vgl. lat. 'porcus'). Andere Namen sind »Totenreich« oder »Schattenreich«, weil es der Aufenthaltsort der Toten ist. Der »innere Ort« (Infernus) ist in der Regel nicht feurig, sondern dunkel. Die Unterwelt hat die Form eines spiraligen Labyrinths (mit der Spirale der Styx) und heißt auch »Haus der Doppelaxt«, weil die Oberfläche die Form der Labrys hat (unser grünes "Festland"). Zum Hades gehört das Element Wasser, deshalb haben wir den Raum 2 blau gefärbt, obwohl er nicht ganz mit Wasser gefüllt sein kann: Man kann hinuntergehen, und Flüsse fließen durch die Unterwelt. Der Raum 2 heißt auch sehr anschaulich »Horn des Okeanos« oder »Wurzeln der Erde und des Meeres«. Besser wäre also die schwarze Farbe für Nyx als Großmutter Nacht (2 & 12), doch dann müßten wir auf die »Goldene Schale« verzichten zugunsten einer Tiefendimension der blauen Meeresoberfläche des Mare Mediterraneum. Den Eingang zur Nacht stellte man sich bei Gibraltar vor, wo sinnigerweise auch der Strudel der Charybdis liegt (und der Felsen der Skylla). Von weiteren Eingängen zur Unterwelt wird berichtet: Einer soll auf dem Peloponnes (13) liegen (zu Taernos auf Pelops Insel, dem Zentrum der Alten Welt), einer am Schwarzen Meer (Pontos: 12), einer im Averner See (ein Kratersee bei Cumae in Kampanien) mit der benachbarten heiligen Grotte der Sibylle von Cumae, einer bei der Stadt Lerna, ein letzter in der Poebene.

Tief im Hades denken wir uns den Herrscher über die Unterwelt. Er heißt auch Hades oder Pluton (Pluto), und seine Gattin ist Persephone (Proserpina) oder Kore. Noch weiter nördlich, in der tiefsten Tiefe der Unterwelt liegt der Tartaros (»Abgrund«) oder Erebos (»Dunkel«, »zugedeckt«) in ewiger Finsternis, eine Art Göttergefängnis und Strafort für Frevler, umgeben von einer dreifachen Mauer. Da dieser lichtlosen Dunkelheit aber das Element Feuer zugeordnet ist, erscheint der Tartaros auf unserer Zeichnung in Rot.

Die auserwählten Heroen und Halbgötter kommen ins Elysion (Elysium: »Apfelland«). Das Wort bedeutet »Ebene der Ankunft«. Die Griechen sprachen auch von den »Inseln der Seligen«.Nach Bellinger stellte man sich Elysion als eine Goldene Schale vor, wie sie in der Zeichnung erkennbar ist. Metaphorisch ist sie identisch mit dem Goldenen Vlies, das die Argonauten eroberten, und auch mit Zeus' Donnerkeilen. Mit einem anderen Bild ist der Raum 4 der Sonnenwagen des Helios und entspricht auch dem Garten der vier Hesperiden. Diese hellsingenden Göttinnen der Natur waren die vier Töchter des Riesen Atlas, die einen Wunderbaum mit goldenen Äpfeln bewachten. Der Garten erinnert natürlich an den Garten Eden, das christliche Paradies (»Obstgarten«), während Avalon, das »Apfelland«, das Paradies der Kelten war. Bei den Iren entspricht diesem Ort Mag Mell, die »Ebene der Freuden«, oder Mag Mon, die »Ebene des Vergnügens«. Wenn wir uns Elysion in der Goldenen Schale denken, haben wir es zweifellos an einem guten Ort: eindeutig schon in der Unterwelt und doch so weit wie möglich entfernt vom Tartaros. Herrscher über Elysion wurde Kronos (Saturnus) nach den Stürmen seines bewegten Lebens. Wir finden ihn bei 12 als einen der zwölf Titanen, ebenso seine Gattin Rhea.

Bleibt zum Schluß noch das Problem der Flüsse in der Unterwelt. Es sind diese: Pyriphlegeton (11a), Lethe (11b), Styx (11c), Acheron (11d) und Kokytos (11e). Lethe ist der Strom des Vergessens. Einerseits umfließt er die Inseln der Seligen, andrerseits muß jeder Verstorbene, der in die Unterwelt eintritt, daraus trinken, um die Erinnerung an das frühere Leben in der Oberwelt zu vergessen. Man sieht in der Zeichnung diesen Weg des Toten durch die Goldene Schale hindurch, in der er zunächst leider nicht bleiben darf, wo er sich nur das Wasser von Lethe holt. Der Hauptfluß der Unterwelt ist die Styx (von griech. 'stygein' = »Haß«: »die Verhaßte«), bei der die Götter ihre Eide schworen. Styx ist der eigentliche Totenfluß und entspricht dem palästinensischen Jordan, von dem wir unsere saloppe Redensart für »sterben« hernehmen: »über den Jordan gehen«. Die Styx fließt in einer Spirale, die ich (mit Kerényi) hier in neun Windungen gezeichnet habe, während Barbara Walker verschiedentlich sagt, es seien sieben. Die Styx gilt auch als Göttin, eine Personifikation des Flusses in der Unterwelt, der aus dem Okeanos in den Hades fließt. Somit ist klargestellt, daß die Styx abwärts fließt. Anders dagegen der Acheron (»Strom des Leides«): Er fließt träge aufwärts. Wenn die Toten bei ihrem Abstieg in die Unterwelt, von Hermes geleitet, an den Acheron kamen, mußten sie die Dienste des Fährmanns Charon (3) in Anspruch nehmen: Er ruderte sie hinüber (nach Bellinger auch über die Styx und den Kokytos). Dafür verlangte er sogar Fährgeld, den Obolus, den man den Toten als letzte Aufmerksamkeit mit auf den Weg gab. Auf der anderen Seite des Acheron mußte man an Kerberos, dem dreiköpfigen Höllenhund, vorbei, der da wohl an den Ufern von Styx und Acheron frei herumlief. - Der Acheron hat zwei Nebenflüsse. Einer davon ist der Pyriphlegeton (»feuerbrennend«), der Fluß des Feuers, der die dreifache eherne Mauer des Tartaros umfließt. Letztlich scheint dieser Feuerfluß ein Abfluß des Tartaros zu sein. Er fließt in den Acheron, nach Kerényi mündet er aber erst später als in meiner Zeichnung, also erst kurz unterhalb des Okeanos. Der andere Nebenfluß ist der Kokytos (»der Klagende«). Dieser Fluß des Wehklagens ist nach Bellinger ein Arm der Styx, der in den Acheron mündet. Meine Zeichnung (11e) macht diese Verbindung zweier Flußsysteme deutlich: Der Kokytos fließt von links abwärts aus der Styx heraus in einem Bogen nach rechts und mündet dann aufwärts in den Acheron. Die Geographen nennen eine solche seltene Erscheinung »Bifurkation«, worin 'furca' »die Gabel« steckt, also »zweifache Gabelung«. Sie liegt gerade da, wo sich die »Wurzeln der Erde und des Meeres« (2) gabeln und die Form bilden, die an der Oberfläche als zwei grüne Zinken des Festlandes erscheint.

Mit dieser Zeichnung stieß ich zum erstenmal auf das doppelte Weltbild (das Universum als »einmal Geklapptes«), und ich erinnere mich noch gut an die Begeisterung, die mich erfaßte, als die Morphologie des Tartaros das Bild zu einer wunderbaren Symmetrie ergänzte. Die Erläuterungen sind hier »pur«, damit sie auch im Schuldienst nützlich sind.

Für einen sauberen Ausdruck der Zeichnung folgt hier die Datei im pdf-Format:
greekmyths.pdf

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